Da regt sich also jemand auf. Über die Kostenlos-Kultur im
Internet und die blöden Konsumenten, die alles gratis haben wollen und nicht an
die verarmten Künstler denken. Diesmal jedoch kein Plattenboss in einem
Flanellhemd, gestrickt aus feinster Musikerhaut, mit blitzendem Goldzahn. Nein,
der selbsternannte Indie-Papst Sven Regener himself setzt an zur Hasstirade.
Wer so sehr in seinem Dialekt rohrspatzig abgeht, der muss doch irgendwie Recht
haben. Also wird fleißig auf Facebook verlinkt und alle finden das ganz
gut, dass mal einer den blöden Kostenlos-Wollern die Meinung geigt. Nur: Sie
ist falsch, wie schon oft und oft betont.
Zum einen stimmt die Korrelation nicht: Tatsächlich gibt es
keine Kostenlos-Kultur, sondern eine Antest-Kultur. Es gibt in diesen Tagen und
Zeiten zuviel Dreck, den man sich nicht ins Regal stellen will. Also lädt man
runter, zieht sich das Album ein paar Rotationen lang rein oder schaut sich auf
Youtube, wenn es denn der große Google-Konzern erlaubt (die GEMA ist nicht
immer Schuld, da hat er wohl Recht) die Videos an. Entscheidungen dauern
manchmal länger. Dennoch zeigen Studien: Runterlader sind auch Käufer.
Wer sich die Entwicklungen anschaut, wird feststellen, dass besonders im
Bereich Vinyl immer mehr verkauft wird. Musikhörer sind eben meist auch
Sammler. Diverse Formationen haben dieses Potential erkannt und verkaufen
zahlreiche Auflagen und limitierte Editionen: Da gibt es von Florence and
the Machine aufwändig gestaltete 7“-Singles, die für einen
stolzen Preis über die Ladentheke gehen – und offenbar äußerst populär sind,
denn die Teile sind meist in Windeseile ausverkauft. Es würde zu weit gehen, zu
behaupten, dass sich hier eine Investmentchance wie der Kunstzirkus oder der Oldtimermarkt
aufbläht – aber die Preise, die für Raritäten gezahlt werden, sind schon
erstaunlich. Ich schweife ab.
Die Musiker müssen nunmehr aktiv und vor allem kreativ
werden: Vinyleditionen, Merchandise, spezielle Auflagen, exklusive
Download-Songs, Crowdfunding alà Einstürzende Neubauten (die das schon gemacht
haben, als es das Wort Crowdfunding noch gar nicht gab) – es gibt zahlreiche
Möglichkeiten, Geld zu machen und die meisten Musiker haben das bereits erkannt. Am Ende geht man einfach auf Tour, denn beliebte
Formationen können problemlos ihre Hallen füllen und auch kleinere Bands, die
sich einen ordentlichen Stamm an Fans aufgebaut haben, müssen nicht vor den
üblichen zwei besoffenen Stammgästen spielen.
Zugegeben: Der Markt ist härter. Die fetten Jahre der
CD-Einführung sind vorbei. Element of Crime und Herr Regener müssen sich eben
etwas einfallen lassen – das Geld sprudelt nicht mehr einfach so. Aber niemand
hat je behauptet, Musik müsse kostenlos sein und die Künstler sollen nicht
entlohnt werden. Schon gar nicht die Piraten, wie man ganz leicht auf deren
Wiki nachlesen kann. Aber ein
informierter Kommentar bringt eben weniger Likes auf Facebook. Immerhin da versteht
Herr Regener sein Handwerk und darf sich über Publicity freuen.
Vollkommen kostenlos. Ist das Internet nicht herrlich?